CUBA: MUSIC AND REVOLUTION VOL.1 & 2
(SOUL JAZZ RECORDS)
Da ist sie wieder: Die Kraft der Kuratoren. Die Londoner Plattenhändlerlegende Stuart Baker und die BBC-Radioikone Gilles Peterson haben sich ein weiteres Mal dem Thema „kubanische Musik“ gewidmet.
Mit der Anfang 2021 schienen ersten Ausgabe von „Cuba: Music & Revolution“ konnte die zwei Musikforscher weltweit gestanden Sammler kubanischer Sounds mit ihrer Expertise überraschen.
Das geballte Fachwissen der zwei Vinylisten entstand aus Jahre langer Entdeckungsreisen auf die karibische Insel und einer Sammlerleidenschaft für Platten, die es örtlich oft auch nicht aus dem sozialistischem Staat geschafft hatten oder nur in sehr begrenzter Stückzahl ins Ausland schafften. Den Fokus legten Stuart & Peterson auf die Releases in der wohl kreativsten und experimentellsten Phase zwischen 1959 - 1983. Auf beiden Compilations versammeln sie sehr gesuchte und rare Stücke - die teilweise auch den hohen Ansprüchen der Dingswall-Parties von Patrick Forge & Gilles Peterson Stand hielten und dort erst zu wirklich Entfaltung und bei den open-minded-jazz-dancers zu Insider-Hymnen wurden.
Hier versammeln sich fantastische Tunes, besonders aus den frühes 70er Jahren, die Rock, Funk, Jazz, Soul, Disco und brasilianische Vibes/Tropicalia zu einem spannenden, überraschenden, immer noch frischem Salsa-Gemisch formten. Beide Kuratoren dieser besonderen Zusammenstellung sind natürlich auch Großmeister in der Recherche und Dokumentation des dazugehörigen Zeitgeschehens und der energischen Aufbruchradikalität. Sie werfen einen mutigen Blick auf die Geschichte und setzten die Musik in den politischen Kontext und zeigen detailverliebt wie groß der Antrieb der postkolonialen, revolutionären Visionen war. Das ist, wie bei fast allen Soul Jazz Records Samplern, ausführlich und deliziös im beiliegenden Booklet aufgearbeitet. Zwischen den wundervollen Aufnahmen von Irakere, Los Van Van Chucho Valdes, Los Reyes 73 oder Luis Carbonellm hört man die afrikanischen Wurzeln, die spanischen/lateinamerikanischen Einflüsse und die Kraft des US-Jazz herraus. Viele dieser exquisiten Kompositionen wurden für Dokumentationen, Kunstprojekte, Theater und Filme von einem Musikerkollektiv namens Grupo de Experiementacion Sonora über Instituto Cubano de Arte e Industria Cinematográficos ICAIC (Kubanisches Institut für Filmkunst und Filmindustrie) gefördert. Damals befreite man im Namen der Revolution unter Castro die Kunst von den kolonialen Vorgaben. Beide Ausgaben „1973-85“ und „1975-1985“ erscheinen als 3-LP oder 2-CD mit Booklet. Man darf durchaus sagen, dass diese beiden Sampler zu den besten Veröffentlichen des Jahres 2021 gehören.
Text: Peter Parker
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