Everyday Hustle:
Delinques Habits
Der Song "Tres Delinquentes" gehört zweifellos zu den größten Hitsingles der Historie dieses Genres. Fast keine HipHop-Partyabfahrt ohne diese Hymne. Die kalifornische Formation Delinquentes Habits haben sich so in den 90er Jahren in kürzesters Zeit zu den bekanntesten Latin-HipHop-Künstler hochgearbeitet. Der bescheidene kommerzielle Erfolg und Verschiebungen in der Besetzung haben Band nie auf eine Level mit Cypress Hill gehoben - jedoch gehören sie unweigerlich zur Latin-Rap-Community und sind nach wie vor im Auftrag von HipHop unterwegs. Das neue Album "The Common Man" erscheint im Herbst 2009 und wir nutzen die Gelegenheit für ein paar Fragen an Bandleader Ives Irie.
Neben Kid Frost, Big Pun, Tony Touch und Cypress Hill zählt ihr zu den Hauptakteuren der Latino HipHop Künstler. Wenn du jetzt zurück in die 90er Jahre blickst, was hat sich da alles für dich und die Szene geändert?
Ives Irie: Das ganze Spiel hat sich verändert. Die Majorfirmen haben inzwischen eine Art Monopolstellung auf die Radiostationen in den USA. Diese sind extrem wichtig für die Verbreitung von Musik. Dazu empfinde ich die Welle der Download-Histerie, die Napster losgetreten hatte, als extrem gefährlich. Das hat alles verändert. Jeder bedient sich an der Musik, die andere geschaffen haben.
Die Mitglieder Kemo und DJ O.G.haben die Gruppe verlassen. Wie sieht die Besetzung aktuell aus?
Ives Irie: Kemo entschied sich im Jahr 2000 die Gruppe wegen kreativer Differenzen zu verlassen. Ich persönlich habe überhaupt kein Problem mit ihm. Er geht seinen Weg und ich wünsche ihm dabei alles Gute. Ohne jetzt ins Detail gehen zu wollen muss ich sagen, dass es bei O.G. Styles eine andere Sache war. Er ist ein exzellenter Produzent hatte aber falsche Berater. Die neuen Mitglieder der Gruppe sind Chente Loco, ein langjähriger Begleiter meinerseits. DJ Tray aus Basel in der Schweiz ist dazu noch mein Tour-DJ und ein Freund der Gruppe seit Jahren.
Für das neue Album hast du mit verschiedenen Produzenten gearbeitet. Auf der einen Seite hast du hier mit amerikanischen Künstlern wie Sick Jacken von Psycho Realm gearbeitet und auf der anderen Seite mit europäischen Popproduzenten wie Andre Horstmann, den man für seine Arbeit an den Platten von Rod Stewart, den Pet Shop Boys oder den All Saints kennt. Was war ein Ziel dabei?
Ives Irie: Ich wollte einen frischen und auch poppigen Sound haben. In der Vielfalt sollte sich alles entfalten können. So habe ich mit Leuten wie Jake Beatz, den Superstar DJs, drei ungarischen HipHop-DJs gearbeitet, die eine Tiefe Liebe zu HipHop haben. Mit Sick bin ich schon sehr lange befreundet und schätze seine Arbeit sehr. Mit Horstmann zu arbeiten war für mich eine großartige Erfahrung. Die Europäer schätzen HipHop mehr.
All eure Platten hatten eine Mischung aus Party-HipHop und lyrisch-politischen / sozialkritischen Texten. Gilt das auch für die aktuelle Platte und zukünftige Projekte?
Ives Irie: Das Wichtigste ist, dass diese Musik den Leuten einen bestimmten Vibe vermittelt. Ich will, dass ich ein Teil des Lebens der Menschen werde, die diese Musik hören. So weiß ich, dass sie mich verstehen. Sie sollen mit diesem Sound eine gute Zeit haben und eine Pause vom Leben bekommen, dass nicht immer einfach ist. Musik ist für mich eine Therapie und das Ergebnis sollte eine Therapie für die Hörer sein.
Wird sich durch die Wahl Obamas zum amerikanischen Präsidenten für die Latino-Community in den USA etwas zum Positiven ändern?
Ives Irie: In diesem Mann stecken viele von uns sehr hohe Erwartungen und viel Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation. Während der Wahlen war das so sehr spürbar. Nun ist er gewählt und ich empfinde wieder Frust. Es hat sich nichts geändert. Es sieht nicht so aus als ob Obama eine große Änderung herbeiführt. Same shit all day.
Auf dem Titelsong “The common man” thematisierst du den üblen Einfluss des Kapitalismus und der weit verbreitete Egoismus in der amerikanischen Gesellschaft. Ist das deine persönliche Meinung und deine Antwort auf die Frage woher die große Depression begründet ist?!
Ives Irie: Absolut richtig. Der Kapitalismus ist ein Geschwür für die ganze Welt. Wenige Leute schieben immense Summen an Geld von Ort zu Ort und schaden der ganze Gesellschaft aus Profitgier. Viele stellen das als American Dream hin – in Wirklichkeit ist es Ausbeutung der kleinen Leute die unter der Krise am meisten leiden müssen.
Cypress Hill und Kid Frost sind Legenden des Latin-Rap. Was denkst du über den Nachwuchs?
Ives Irie: Wie überall gibt es Gutes und Schlechtes. Es gibt Kreatives und es gibt Unhörbares. Vielen fehlt es heute an Eigenständigkeit und Kreativität sowie der wirklichen Liebe zu dieser Kunst. Alles wird inzwischen am finanziellen Erfolg gemessen. Daran orientieren sich zu viele Leute die HipHop machen wollen. Wie auch immer. Einer der wichtigsten Latin-Acts im Moment ist Psycho Realm. Sie haben die Kraft von Public Enemy und den Vibe von Cypress Hill.
Text & Interview: P. Parker (2009)
Mail to:
peezaddy@web.de